Das Reich Gottes wachsen lassen

Dein Reich kommt mit Gewissheit und wir können zuschauen, abwarten und ruhig schlafen.

 

...wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie.

Aus Markus 4, 26 - 29

 

Der Evangelist Markus gibt uns ein sehr kurzes Gleichnis Jesu über das Kommen des Reiches Gottes wieder. Das Gleichnis erzählt eigentlich gar nichts Aussergewöhnliches, es geht um den "hundsgewöhnlichen" Alltag eines Bauern. Damit, das sei vorweggenommen, geht es auch um das Wachsen des Reiches Gottes in unserem, ganz gewöhnlichen Alltag. Unser Bauer sät aus, legt sich am Abend schlafen, steht am Morgen wieder auf und sieht zu, wie die Erde selbst die Aussaat zum Wachsen bringt. Im Gleichnis wird betont, wie der Bauer nichts zum Wachsen der Saat beitragen kann. Er schaut zu und staunt, wie die Saat von selbst wächst. Er weiß nicht, wie das alles geschieht. Zwischen der Aussaat und der Ernte tut er eigentlich nichts anderes, als zuschauen, warten und schlafen.

Schon Mose hat zum Volk Israel, das den Glauben auf Rettung verloren hatte, gesagt: «Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen, und schaut zu, wie der Herr euch heute rettet.» Ex 14,13

Erlöstes Christsein offenbart sich im vertrauensvollen Zuwarten können. Es geht um ein tiefes Vertrauen in die Kraft der Saat und nicht in die Aktivität des Bauern, so wichtig und notwendig diese ist. In anderen Gleichnissen wird klar, dass die Saat die Verkündigung des Wortes Gottes ist. Wir müssen uns bewusst sein, dass dieses Wort von ganz anderer Qualität ist, als rein menschliche Worte. Dieses Wort ist voller Kraft, es ist voller Geist und Leben und bewirkt wozu es gesandt ist: neues, ewiges Leben.

Das Wort Gottes birgt in sich selbst alle Kraft, welche das Reich Gottes wachsen lässt. Nicht umsonst betont Johannes: "Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist." Joh 1, 3. Wir können mit unserem menschlichen Verstand kaum erahnen, was das heisst, dass Alles, absolut Alles durch das Wort erschaffen worden ist. 

 

Es ist wichtig, dass wir verstehen, was uns das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat  für unser Wirken im Reich Gottes sagen möchte, denn dazu ist es uns gegeben. Die Aktivität unseres Bauern lag darin, die Saat auszusäen. Ebenso lautet auch unser Auftrag die Saat, das Wort Gottes, auszusäen; es in Wort und Tat zu verkünden und zu bezeugen. Das darauf folgende Zuwarten und wachsen lassen tönt einfach, verlangt aber in Wirklichkeit nach einer kopernikanischen Wende in unserem Denken und Handeln. Wie oft meinte ich in meinem Leben, ich müsse dem Wachstum etwas nachhelfen: Kaum hatte ich ein Bäumchen gepflanzt, erschien ich bereits mit der Leiter und dem Korb, um die Früchte abzulesen oder wollte das Wachstum mit gut gemeinten Ratschlägen beschleunigen. Auf der anderen Seite kenne ich einige Gläubige, die andauernd damit beschäftigt sind, das Unkraut aus dem Acker zu entfernen: Sie äussern ständig Kritik an den Anderen, die sie für den schlechten Zustand der Kirche verantwortlich machen. Jesus aber sagt, man solle das Unkraut nicht ausreissen, weil sonst auch die guten Halme ausgerissen würden. Auch dies kann uns viel abverlangen. Üben wir uns also ein, in eine Haltung des Vertrauens, des Loslassens, des Warten Könnens. Vertrauen wir darauf, dass wer Liebe aussät eines Tages auch Liebe ernten wird. Glauben wir an das Gute in jedem Menschen und machen wir uns auf die Suche nach diesem Guten. Das Evangelium rät uns: " Laß dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!» Röm 12,21

So wollen wir vertrauensvoll zuschauen, wie das Reich Gottes unter uns wächst, auch dann, wenn es etwas länger dauert.

 

Gott ist es, der alles wachsen lässt: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber ließ wachsen. So ist weder der etwas, der pflanzt, noch der, der begießt, sondern nur Gott, der wachsen lässt. Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld, Gottes Bau.“

1 Korinther 3, 6-7.9

 

Diakon Urban Camenzind-Herzog