Rückblick von Rom zu Pfingsten 2019

An Pfingsten hat CHARIS, dessen Ziel es ist, der ganzen weitläufigen charismatischen Familie zu dienen, seinen Dienst aufgenommen. CHARIS entstand auf den ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus. Er schätzt oder toleriert die Erneuerung nicht nur, sondern zählt auf ihren Beitrag zur Erneuerung der ganzen Kirche und der Welt. Zur Vorbereitung trafen sich ca. 500 Leiter der Erneuerung aus der ganzen Welt zum ersten internationalen Leitertreffen von CHARIS. Aus der Schweiz waren Diakon Urban Camenzind, Dorothea Hug Peter, Pfarrer Rainer Pfammatter aus dem Wallis und Diakon Enrico Berardo aus dem Tessin dabei. Während diesen zwei Tagen wurde die Vision von CHARIS vertieft: das Teilen der Taufe im Heiligen Geist mit der ganzen Kirche, der Einsatz für die Einheit der Christen und der Dienst an den Armen. 

Der Samstag war dann offen für alle. Pater Raniero Cantalamessa hielt zuerst einen Vortrag über das Wesen der Erneuerung. Er betonte, dass die Identität der Erneuerung im Wesentlichen in ihrem Namen enthalten ist: charismatische Erneuerung. Einige Auszüge davon möchte ich im Folgenden mit Euch teilen.

 

Erneuerung:

Der Heilige Geist erneuert uns von Innen her, er heiligt uns. Dies ist die wichtigste Wirkungsweise des Heiligen Geistes. Gleichzeitig kann er uns Gaben schenken, die wir zum Dienst der Gemeinschaft einsetzen sollen. “Die Beziehung zwischen dem heiligenden Wirken des Geistes und seinem charismatischen Handeln wird von Paulus genauso gesehen wie die Beziehung zwischen Sein und Handeln und die Beziehung zwischen Einheit und Verschiedenheit in der Kirche. Das heiligende Wirken betrifft das christliche Sein, die Charismen betreffen das Tun, da sie für den Dienst gegeben werden (siehe 1 Kor 12,7; 1 Petr 4,10); das erste begründet die Einheit der Kirche, während das zweite die Vielfalt ihrer Funktionen herstellt.“ Wie sich diese Erneuerung unseres eigenen Lebens zeigt, fasst Cantalamessa wie folgt zusammen: “Alles, was das Wort Gottes uns über das neue Leben in Christus offenbart hat – ein Leben nach dem Gesetz des Geistes, ein Leben als Söhne und Töchter Gottes und ein Leben unter der Herrschaft Christi – ist nichts anderes als die Substanz des christlichen Lebens und der Heiligkeit. Es ist unser Leben aus der Taufgnade, die in Fülle aktualisiert wird, das bedeutet, nicht nur in Gedanken und im Glauben, sondern in einem Leben, das gelebt und gezeigt wird, und nicht nur für einige privilegierte Seelen, sondern für alle Heiligen Gottes. Für Millionen Gläubige in verschiedenen christlichen Kirchen ist die Taufe im Heiligen Geist die Tür zu solchem Glanz des christlichen Lebens geworden.”

 

Charismatisch:

Ein Blick zurück zeigt, dass die Charismen nach ihrer anfänglichen Blüte relativ bald aus der Mitte des christlichen Lebens an den Rand gedrängt wurden und somit versiegten. Erst im 2. Vatikanischen Konzil wurde wieder die zentrale Rolle des Hl. Geistes für die Kirche betont: “ Es ist nicht der Geist, der im Dienst der Institution steht, sondern die Institution ist diejenige, die im Dienst des Geistes steht. “. Diese neue Erkenntnis musste aber erst noch umgesetzt werden. Cantalamessa belegt dies mit einem Zitat von Kardinal Suenens: “„Plötzlich schienen der heilige Paulus und die Apostelgeschichte lebendig und ein Teil der Gegenwart zu sein; was in der Vergangenheit authentische Wahrheit war, schien noch einmal vor unseren eigenen Augen zu geschehen. Es ist eine Entdeckung des echten Handelns des Heiligen Geistes, der immer am Werk ist, wie es Jesus selbst versprach. Er hielt und hält sein „Wort“. Es ist noch einmal eine Explosion des Geistes von Pfingsten, ein Jubel, der der Kirche fremd geworden war.”  Somit ist auch klar, warum der Strom der Gnade für die ganze Kirche ist - sie hat ihn ja selbst im Konzil herbeigesehnt. Wie diese Förderung aussehen soll: In Gehorsam (der jetzt, da der oberste Hirte so ausdrücklich die Erneuerung fördert, vielleicht leichter fällt als sonst manchmal) und Demut (die uns daran hindert, uns selbst vor die Charismen zu stellen):

“Wir können zur Förderung der Ausbreitung des Heiligen Geistes auf dieselbe Weise (anm. D. Redaktion: wie Jesus) beitragen, indem wir demütig und gehorsam bis zum Tod sind, dem Tod unseres „Ichs“ und des „alten Menschen“, der in uns ist.”

Höhepunkt am Samstag war die Begegnung mit Papst Franziskus in der Audienzhalle Paul VI. Er betonte die drei Hauptaufgaben der charismatischen Erneuerung erneut:

 

Was der Papst von euch erwartet:

– Dass diese Bewegung die Taufe im Heiligen Geist mit allen in der Kirche teilt. Sie ist die Gnade, die ihr empfangen habt. Teilt sie mit anderen. Behaltet sie nicht für euch!

– Dass sie der Einheit des Leibes Christi dient, also der Kirche, der Gemeinschaft derer, die an Jesus Christus glauben. Das ist sehr wichtig, weil der Heilige Geist der ist, der die Einheit in der Kirche schafft, aber auch der, der die Vielfalt schafft. Die Persönlichkeit des Heiligen Geistes ist interessant: Er schafft größere Vielfalt durch die Charismen, aber dann sorgt er dafür, dass diese Charismen sich einträchtig in der Einheit zusammenfinden. Denn, wie der heilige Basilius sagt, »der Heilige Geist ist die Eintracht«. Er schenkt die Eintracht, in der Dreifaltigkeit und auch unter uns.

– Und dass sie den Armen dient, denen, die am meisten Not leiden, physische und geistliche Not. Das bedeutet nicht, dass – wie man vielleicht meinen könnte – die Erneuerung jetzt kommunistisch geworden ist. Nein, sie hat sich dem Evangelium angepasst, das ist im Evangelium enthalten.

 

Diese drei Dinge: Taufe im Heiligen Geist, Einheit im Leib Christi und Dienst an den Armen sind das Zeugnis, das notwendig ist für die Evangelisierung der Welt, zu der wir durch unsere Taufe alle aufgerufen sind. Evangelisierung, die kein Proselytismus[1] ist, sondern vor allem Zeugnis. Zeugnis der Liebe: »Schaut, wie sie einander lieben«. Das ist es, was die Aufmerksamkeit aller weckte, die den ersten Christen begegnet sind. »Schaut, wie sie einander lieben.«

(Papst Franziskus am Pfingstsamstag)

 

 Im Anschluss an die Ansprache des Papstes beteten wir gemeinsam um den Heiligen Geist - inkl. Sprachengebet. Die ganzen Texte der Pfingstkonferenz finden Sie auf unserer Homepage. 

Dorothea Hug Peter

 

 

[1]

Heute verwendet man Proselytismus als abwertende Bezeichnung für eine „Abwerbung“ von Gläubigen einer anderen Religion oder christlichen Konfession, bei der keine innere Bekehrung stattfindet, sondern Zwang, Ausnutzung, übertriebene Versprechungen, materielle Vergünstigungen oder andere Mittel zur Anwendung kommen, die die Freiheit und Würde des Betreffenden verletzen. Quelle: https://www.erzdioezese-wien.at/site/nachrichtenmagazin/magazin/kleineskirchenlexikon/article/53676.html